Statement

Nicht in die Krise hineinsparen

Die Ergebnisse der Steuerschätzung sind nicht überraschend. Das Abfedern der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie wird viel Geld kosten. Dabei stellen sich auch Fragen der Finanzierung. Aber auf lange Sicht würde es uns mehr kosten, wenn wir nicht handeln oder, schlimmer noch, in der Krise sparen. Wir müssen daher alles Notwendige tun, um wirtschaftliche Folgen in Form von Pleitewellen und Massenarbeitslosigkeit, aber auch soziale Spaltung und Armut zu verhindern und den sozialen Zusammenhalt nicht zu gefährden. Nur so können wir es ermöglichen, dass die Steuereinnahmen langfristig wieder steigen.

Die Bundesregierung muss jetzt ein großes Konjunktur- und Investitionspaket auflegen, um die Wirtschaft zu stabilisieren und zukunftsfest wieder aufzubauen. Dafür fordern wir 100 Milliarden Euro für schnell und gezielt wirkendende Konjunkturmaßnahmen und 500 Milliarden Euro in zehn Jahren für ein sozial-ökologisches Investitionsprogramm, damit unsere Wirtschaft klimaneutral wird. Denn trotz Corona dürfen wir die Menschheitsaufgabe, die Klimakrise zu verhindern, nicht aus den Augen verlieren. Der Druck auf die öffentlichen Haushalte darf nicht dazu führen, dass wichtige Zukunftsinvestitionen unter den Tisch fallen. Auch Einschnitte bei der kommunalen Grundversorgung, der Infrastruktur und der sozialen Sicherung sind die falsche Antwort auf die Krise, die vielen Menschen schon so viel abverlangt. Es braucht eine politisch verbindliche Garantie für mehr Investitionen, um Planungs- und Erwartungssicherheit für die Wirtschaft herzustellen. Es wäre fatal, wenn diese sich zusätzlich zur bestehenden Unsicherheit durch die Pandemie auch noch auf sinkende öffentliche Investitionen und Aufträge einstellen müsste.

Für das von uns vorgeschlagene Konjunktur- und Investitionsprogramm werden zur Finanzierung zusätzliche Kredite notwendig sein. Das heißt nicht, dass wir finanz- und haushaltspolitische Sorgfalt vernachlässigen wollen. Alle Maßnahmen müssen zielgerichtet und befristet sein. Es darf jetzt in der Krise keine dauerhaften Branchensubventionen oder pauschale Steuersenkungen geben. Wir brauchen klare staatliche Bedingungen und Kontrolle bei Unternehmenshilfen, die aus Steuergeldern bereitgestellt werden. Die Mittel müssen investiv und transformativ wirken. Denn damit wirken die Mittel nachhaltig und erwirtschaften eine doppelte Rendite: Sie vergrößern das volkswirtschaftliche Vermögen und verkleinern die ökologische Verschuldung. Für eine nachhaltige Finanzierung der Kosten der Corona-Krise ist eine Kreditfinanzierung mit sehr langen und flexiblen Tilgungszeiträumen notwendig. Zudem braucht es eine Reform der Schuldenbremse, um mehr kreditfinanzierte Investitionen in die Zukunft zu ermöglichen. Wenn die akute Krise überstanden ist, brauchen wir wirksame Instrumente, um die sozialen Folgen abzumildern und die Krisenkosten fair aufzuteilen. Dazu brauchen wir auch einen solidarischen Ausgleich nach dem Prinzip: Wer starke Schultern hat, kann mehr tragen. Auch klimaschädliche Subventionen sollten endlich schnell und konsequent abgebaut werden, denn diese Verschwendung von Steuergeldern können wir uns nicht leisten.

Anja Hajduk, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sven-Christian Kindler, Sprecher für Haushaltspolitik

Anja Hajduk zu den Ergebnissen der Steuerschätzung