Rede

Die GroKo hat leider keinen Elan für die Zukunft.

Sehr geehrter Herr Minister, 

das Schrumpfen der Wirtschaft im letzten Quartal sei ein „Weckruf“, haben Sie in einem „Spiegel“-Interview Ende August gesagt. Angesichts dessen, dass das keine Überraschung und absehbar war, habe ich mich gefragt, ob Sie das nicht als ganz persönlichen Weckruf hätten nehmen müssen. Ich sage das so freundlich, weil das einen ein bisschen ratlos macht. Ich denke, wir stehen seit Langem vor wichtigen wirtschaftspolitischen Herausforderungen. Vor der Eintrübung der Konjunktur wird länger gewarnt, und insgesamt findet man in Ihrem Haushaltsentwurf, Herr Altmaier, keine wirklich passenden Antworten.

Dabei muss die deutsche Wirtschaft sich wirklich wandeln. Die Themen „Digitalisierung“, „künstliche Intelligenz“ und auch die Klimakrise fordern insbesondere eine Veränderung unserer Wirtschaft heraus. Deswegen ist mir mit Blick auf Ihren Haushalt folgender Ansatz wichtig: Wir müssen Innovationen glaubhaft stärken und auch das Thema Klimawandel anpacken. Auf den ersten Blick scheint es, dass der Haushaltsentwurf des BMWi sogar innovationsfreundlich ist. Da gibt es neue Programme zur nichttechnischen Innovationsförderung, zur Förderung der Bioökonomie oder die Agentur für Sprunginnovationen. Aber - das ist jetzt ein dickes Aber - bei den wirklich großen Aufgaben, da scheitert die Regierung, da scheitern auch Sie.

Damit komme ich zum Punkt „künstliche Intelligenz“. Die Regierung hat 3 Milliarden Euro angekündigt. Inzwischen soll es nur noch 1 Milliarde Euro zusätzliches Geld sein, in 2019 und 2020 jeweils 500 Millionen Euro. Aber in Ihrem Haushalt sind nur 44 Millionen Euro zusätzlich für künstliche Intelligenz vorgesehen. Der Punkt ist: Der überwiegende Teil ist irgendwo im Finanzministerium im sogenannten Einzelplan 60 geparkt. Für dieses Geld gibt es keine konkreten Ideen. Da wird auch nichts umgesetzt. Über die große Aufgabe künstliche Intelligenz wird also gesprochen - ich würde sogar sagen in finanzieller Hinsicht noch zu klein gedacht -, aber fast gar nichts getan.

Der zweite Punkt ist die Klimapolitik. Hier zeigt sich erst recht das Scheitern der Regierung, insbesondere bei Ihnen als Energieminister, beim Umgang mit politischen Großaufgaben. Wenn ich mir den Haushaltsplan ansehe, dann kann ich sogar sagen: Man bekommt den Eindruck, im BMWi wird gar keine Energiepolitik mehr gemacht: Die Mittel zur Energieforschung werden gekürzt, die für europäische Zusammenarbeit zum Ausbau Erneuerbarer Energien sogar um 60 Prozent, usw. usw. Da können Sie jetzt natürlich sagen: Das kommt ja alles noch im Klimakabinett am 20. September, im Haushalt für den EKF. - Da kann ich Ihnen, Herr Altmaier, nur sagen: Dann können wir das alles an dieser Stelle nicht sinnvoll debattieren, obwohl Sie als Regierung verpflichtet sind, dem Parlament einen Haushalt vorzulegen. Die ökologische Transformation der Wirtschaft ist in diesem Haushaltsplan nicht umgesetzt. Das habe ich gerade auch schon dem Finanzminister gesagt.
Aber es geht hier nicht nur um die Missachtung der parlamentarischen Beratung, es geht auch darum, dass die Bürgerinnen und Bürger und auch die Wirtschaft gar nicht wissen, was kommt. Sie lassen sie im Unklaren. Es wird doch die ganze Zeit darüber diskutiert: Was passiert denn bei der energetischen Gebäudesanierung? Was planen Sie denn beim Thema CO2-Preis? Ich kann Ihnen nur sagen: Wir Grüne haben bei den Grundfragen, die wir zu diskutieren haben, eine klare Vorstellung. Wir haben sie Ihnen auch präsentiert: CO2-Preis, gleichzeitig kompletter Abbau der Stromsteuer und Rückgabe des gesamten Geldes in Form eines Pro-Kopf-Energiegeldes an die Bürgerinnen und Bürger. Schlagen Sie von mir aus etwas anderes vor, aber schlagen Sie endlich etwas vor.

Genauso ist es bei der Finanzpolitik. Wie finanzieren wir die großen Aufgaben und die Investitionsbedarfe? Wir Grüne sagen: Nutzen und gründen Sie Investitionsgesellschaften, von mir aus auch die BImA, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben! Die können sich verschulden, die haben Eigenkapital. Dann kann man das unter Einhaltung der Schuldenbremse nutzen. Oder legen Sie einen Bundesinvestitionsfonds für zehn Jahre auf! Das habe ich dem Finanzminister gesagt, aber Ihnen sage ich es auch. Das haben wir vorgeschlagen. Sie sagen nichts. Sie klammern an der schwarzen Null und sagen: Ja, wir rechnen mit einer Eintrübung der Wirtschaft. - Damit vermitteln Sie keinen Optimismus. Sie haben keine Ideen. Diese Großaufgaben muss eigentlich eine Regierung in Deutschland anpacken und leisten.

Letzter Punkt: Kohleausstieg. Ich muss zum Ende kommen, sonst bekomme ich eine Rüge der Präsidentin, dieses Mal sogar zu Recht. Beim Kohleausstieg ist es zwingend, dass Sie das Strukturwandelgesetz mit dem Ausstiegsgesetz verknüpfen. Das ist für die gesellschaftliche Akzeptanz wichtig. Das ist für das Vertrauen der Menschen wichtig. Auch hier haben Sie gerade einmal die erste Hälfte auf das Papier gebracht und die nächste Großaufgabe immer noch nicht bewältigt. Ich fürchte, das wird im November nicht besser sein. Die GroKo hat leider keinen Elan für die Zukunft, aber die Zukunft gibt es nicht zum Nulltarif.

Anja Hajduks Rede zum Haushalt Wirtschaft und Energie.