Rede

Die GroKo ist in ihren Grundfesten nicht stabil.

Sehr geehrter Herr Finanzminister, 

Sie haben Ihre heutige Rede damit begonnen, darauf hinzuweisen, dass der Haushalt für das Jahr 2020 der dritte Haushalt sei, den Sie vorlegen, und dass er solide sei. Ich möchte dazu Folgendes sagen: Gestern ist ein Artikel mit der Überschrift „Unvollendet“ erschienen. Ich finde, das Wort „unvollendet“ ist noch eine freundliche Umschreibung für diesen Haushalt; denn das Grundgesetz verpflichtet Sie, einen Haushaltsplan vorzulegen, der alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes enthält. Gleichzeitig sagen Sie - ich zitiere aus dem genannten Artikel von gestern -:
„Wir brauchen einen großen Wurf in der Klimapolitik, wenn wir als Regierung weiter eine Berechtigung haben wollen, das Land zu führen“ …
Die ganzen Maßnahmen, die sich mit diesem Klimapaket verbinden, das Sie auf den 20. September terminiert haben, werden wohl nicht finanzierungsneutral sein. Deswegen sage ich Ihnen: Das ist nicht nur ein unvollendeter Haushalt, sondern das ist ein unvollständiger Haushalt und, wie ich glaube, dem politischen Geist des Grundgesetzes nicht angemessen. Ich erwähne das, weil Sie sich hier hingestellt und außerdem von der Entschuldung der Kommunen gesprochen haben. Auch darüber findet sich nichts in diesem Haushalt.

Wir können nicht akzeptieren, dass das für den Deutschen Bundestag die Basis der Beratung dieses Haushalts in erster Lesung sein soll.
Dahinter steckt ja auch eine Not. Um diesen Haushalt „ohne neue Schulden“ dastehen zu lassen - da gebe ich dem Kollegen Dürr recht -, verbrauchen Sie eine Rücklage von knapp 30 Milliarden Euro. Das kann man überall nachlesen. Sich dann hier hinzustellen und zu sagen, dieser Haushalt sei solide und komme ohne neue Schulden aus, ist selbstgerecht.

Das zeigt auch, wo die GroKo steht. Sie ist in ihren Grundfesten überhaupt nicht stabil. Und die Menschen spüren das. Die Menschen wissen, dass Sie ihnen gar nicht die Antwort auf die Frage geben, wo Sie hinwollen. Sie verkaufen nur noch eine mühsam aufrechterhaltene Fassade.

Dabei wäre es nötig, die Grundsatzfragen, was für eine Haushaltspolitik, was für eine Wirtschaftspolitik und was für eine Klimaschutzpolitik wir im nächsten Jahr und für die nächsten zehn Jahre brauchen, zu beantworten. Diese Grundsatzfragen würden wir gerne mit Ihnen diskutieren.
Herr Scholz, Sie haben im Zusammenhang mit technologischen Innovationen für den Klimaschutz gesagt: Wir können das aufgrund des vorhandenen Know-hows. - Ich glaube, da haben Sie einen wichtigen Punkt angesprochen. Wir Grünen haben viel dafür getan und wollen auch weiter viel dafür tun, das technologische Know-how in Europa zu erhalten - gerade vor dem Hintergrund der Herausforderungen im Klimaschutz und in der Digitalisierung. Dass wir das in Europa können, ist aber keine Selbstverständlichkeit. Wenn wir uns anschauen, wo wir als Deutschland und Europa bei der künstlichen Intelligenz und der Digitalisierung im Vergleich zu China und den USA stehen, dann sehen wir, dass wir da schon einen richtigen Rückstand haben. Deswegen ist Ihre defensive Art, wenn es um die Zukunftsinvestitionen unseres Landes geht, verantwortungslos.

Deshalb erhalten wir für unsere Vorschläge auch breite Unterstützung. Wir brauchen nämlich eine Investitionsoffensive, bei der es genau um diese Zukunftsaufgaben geht. Wir müssen verlässlich, massiv, engagiert und mutig für den Ausbau des Klimaschutzes, für moderne Technologien und für die Digitalisierung eintreten.
Herr Rehberg, ich kann Ihnen als letzten Punkt sagen: Das, was wir vorschlagen, orientiert sich bezogen auf das Schuldenregime an den Maastricht-Kriterien, wonach unser Schuldenstand bei unter 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen muss. Deswegen ist das Neue, was wir vorschlagen - die Gründung von Investitionsgesellschaften und die Auflegung eines Investitionsfonds - im Rahmen unserer Verfassung und der Maastricht-Kriterien sehr maßvoll und nachhaltig.

Handeln Sie jetzt; denn unsere gute Zukunft gibt es wahrlich nicht zu Ihrem billigen Nulltarif.

Rede zur allgemeinen Finanzdebatte des Deutschen Bundestags