Rede

"Wir haben kreative Menschen in unserer Gesellschaft und in der Wirtschaft, aber die verdienen auch gute politische Leitplanken, damit das gelingt."

Rede zum Haushalt des Ministeriums für Wirtschaft und Energie

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Diese Debatte zum Wirtschaftsetat erinnert mich ein bisschen an die Debatte, die wir vor zwei Tagen mit dem Finanzminister hatten, und ich meine das in kritischer Weise, um das gleich klar zu stellen. Es ist so, dass ich wahr nehme, dass die Große Koalition sich sehr daran gewöhnt, dass die Lage so gut ist. Im öffentlichen Haushalt ist die Lage ganz gut, und auch die wirtschaftlichen Daten, was Beschäftigung, Wachstum und die Stärke der deutschen Wirtschaft angeht, sind aktuell nicht zu beklagen. Aber – das fehlt mir hier in der Debatte – man kann doch nicht übersehen, dass die Herausforderungen, die ganz nah anstehen, im nächsten Jahrzehnt, und die Veränderungen, die sich durch Digitalisierung, Globalisierung und die Notwendigkeit der ökologischen Transformation ergeben, große Herausforderungen sind und die Voraussetzungen dafür darstellen, dass wir zukünftig im Weltmarkt erfolgreich sein können. (Zwischenruf Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Wir nehmen die Herausforderungen an!) Das ist die Aufgabe der Politik. Ich habe eben nicht gehört, dass Sie diese Herausforderungen adressieren, sondern Sie benutzen die gegenwärtigen Daten dazu, sich zurückzulehnen, Herr Mattfeldt. Das ist das, was uns umtreibt, und das kann man ganz konkret beschreiben, Herr Minister.

Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft muss sich zukünftig durch Innovation und, ich würde sagen, die zwingende Verschränkung der digitalen Revolution mit einer Ressourceneffizenzrevolution ergeben, und das wird kein Selbstgänger sein. Wir haben kreative Menschen in unserer Gesellschaft und in der Wirtschaft, aber die verdienen auch gute politische Leitplanken, damit das gelingt. Zu den politischen Rahmenbedingungen gehört natürlich, diese günstige Konjunkturlage zu nutzen und die Überschüsse, die wir haben, für strukturelle Reformen einzusetzen. Hier wurde von Herrn Linnemann von positiven Standortfaktoren gesprochen. Ich sage: Ja, Sicherheit ist ein positiver Standortfaktor.Aber positive Standortfaktoren sind auch eine offene Gesellschaft und das Bekenntnis zur Zuwanderung von Fachkräften.

In dieser Frage fehlt mir die Einmischung des Wirtschaftsministers in die völlig erratische Debatte, die in der Union geführt wird. Es ist doch kein Zufall, dass Kanzlerin Merkel gestern in ihrer Rede fast ein bisschen nachdenklich gesagt hat: Die Rückmeldung aus der Wirtschaft ist, dass man sich im Moment gar nicht so viele Sorgen um die steuerpolitischen Rahmenbedingungen der Unternehmen macht, sondern mehr Sorgen um andere Rahmenbedingungen: Es geht darum, überhaupt Fachkräfte zu finden, und es geht um den Standortfaktor „Wie entwickelt sich Deutschland im internationalen Image?“. Da geht es leider nach unten, und da hat auch der Wirtschaftsminister eine Aufgabe.

Ich komme noch zu einem weiteren Faktor: Ein wichtiger Standortfaktor ist zweifelsohne auch das Innovationsklima. Ich finde es nach wie vor unverständlich – wir haben das schon häufiger angeprangert –: Ausgerechnet die Mittel für die industrielle Gemeinschaftsforschung, die sehr wirksam ist für kleine und mittlere Unternehmen, Herr Minister, werden im Vergleich zum Vorjahr gekürzt. Gerade kleine und mittlere Unternehmen haben keine eigenen großen Forschungsabteilungen, sie müssen sich zusammenschließen, sie brauchen diese Programme. Sie wissen auch, dass es mehr gute Anträge gibt und deswegen die Ablehnungsquote hoch ist. Deswegen gibt es überhaupt keinen Grund, dass diese Programme in Ihrem Haus gekürzt werden. Da erwarten wir von den Haushaltsberatungen Nachbesserungen.

Letzter Punkt zum Abschluss: Insgesamt, Herr Minister, erwarte ich von Ihnen einen ganz anderen Impuls und auch eine ganz andere Managementqualität, endlich dafür zu sorgen, dass die ökologische Transformation der Wirtschaft sich auch in der Arbeit Ihres Hauses niederschlägt. Es gibt bislang kein einziges Programm, dass sich mit dieser Transformation gezielt beschäftigt. Sie können das doch nicht ernsthaft der Umweltministerin alleine überlassen. G7 in Elmau hat damals als großes Ziel die Dekarbonisierung der Industrie in diesem Jahrhundert ausgegeben. Da hat der Wirtschaftsminister eine originäre Aufgabe. Dafür müssen Sie Gesetze vorlegen und Programme gestalten; das ist leider alles Fehlanzeige. Reden und reisen reicht nicht – sondern machen. Schönen Dank.


Ausgerechnet die Mittel für die industrielle Gemeinschaftsforschung, die sehr wirksam ist für kleine und mittlere Unternehmen, werden im Vergleich zum Vorjahr gekürzt. Gerade kleine und mittlere Unternehmen haben keine eigenen großen Forschungsabteilungen, sie müssen sich zusammenschließen, sie brauchen diese Programme.

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