Rede

Wir brauchen ein wirksames Lieferkettengesetz.

Der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung stagniert diesmal, zugegebenermaßen auf hohem Niveau. Das haben wir schon zu Beginn, in der ersten Lesung, gesagt. Aber er wird bereits 2022 - daran hat sich auch nach der Bereinigungssitzung leider gar nichts geändert - um 3 Milliarden Euro absinken; das sind minus 25 Prozent. Ich möchte noch mal darauf hinweisen: So massiv war der Absturz zwischen zukünftigem Haushaltsplan und kommender Finanzplanung noch nie.

Ich möchte darauf verweisen: Wir haben die Finanzplanung nicht als Parlament beraten. Aber wir als Grüne haben beantragt, wenigstens die massiven Sperren bei den Verpflichtungsermächtigungen von weit über 1 Milliarde Euro aufzuheben. Das hätten wir tun können; aber dem haben Sie sich verweigert. Insofern liegt da wirklich die Hoffnung auf einem Regierungswechsel und auf nichts anderem. Ansonsten ist nämlich die Planungssicherheit mit Blick auf Deutschlands Rolle als zuverlässiger Partner in der Entwicklungszusammenarbeit aufs Spiel gesetzt.

Aber auch in qualitativer Hinsicht ist dies ein Haushalt, der eine Kehrtwende vermissen lässt. Schauen wir auf Ihre Bilanz, Herr Minister Müller, insbesondere darauf, wie fokussiert Ihre Maßnahmen auf die Gleichstellung von Frauen und Mädchen sind: Gerade mal 1,6 Prozent der Maßnahmen Ihres Hauses haben diesen Fokus. Das ist ein Skandal, und das wird der Rolle von Frauen und Mädchen, gerade in den Ländern des Südens, überhaupt nicht gerecht.

Aber schauen wir uns auch einmal den wichtigen Bereich der Agrarökologie an. Der Klimawandel und die Coronapandemie verschärfen das Hungerproblem in der Welt zusätzlich. Agrarökologische Ansätze könnten dieser Entwicklung entgegenwirken. Aber, Herr Minister Müller, es ist unverständlich: Nur 7,7 Prozent der landwirtschaftlichen Vorhaben in Ihrem Hause haben einen agrarökologischen Ansatz. Auch das ist viel zu wenig. Das muss sich qualitativ deutlich ändern.

Auch beim internationalen Klimaschutz sind wir zu zaghaft unterwegs. Wir treten da auf der Stelle, auch wenn Deutschland insgesamt - das will ich durchaus anerkennen - quantitativ als Geberland einen großen Beitrag leistet. In der Entwicklungszusammenarbeit haben wir unseren fairen Anteil am internationalen Klimaschutz selber vor Jahren in Dänemark, in Kopenhagen, versprochen. Wir stellen 100 Milliarden Dollar zur Unterstützung der Länder des Globalen Südens bereit. Da müssen wir als Deutsche noch mehr drauflegen. Deswegen fordern wir, im Rahmen dieses Haushalts 400 Millionen Euro für den internationalen Klimaschutz in Ihrem Haus draufzupacken, Herr Minister Müller.

Es ist so, dass sich der Etat in Ihrer Amtszeit verdoppelt hat. Diese Steigerung innerhalb von acht Jahren in einer Welt, die sich heftig globalisiert hat, ist zum Teil, und zwar nicht zu einem geringen Teil, auch erfolgreich nachvollzogen worden. Das haben wir auch nicht geleugnet. Ich habe auf den Absturz in der Zukunft verwiesen, und wir haben auch einiges erreicht. Aber, Herr Müller, zu oft ist Ihre Haushaltsaufstellung eine Absage an den Multilateralismus gewesen. Der Anteil der multilateralen Hilfen ist stetig gesunken in Ihrer Amtszeit. Das passt gar nicht zu Ihren zukünftigen Ambitionen, wie ich gehört habe. Das ist keine gute Bilanz. Wir müssen die multilateralen Töpfe, unser Engagement bei den Vereinten Nationen wieder viel stärker in den Fokus rücken. Wir haben doch mitbekommen, was in den USA in den letzten Jahren passiert ist, und da nimmt Deutschland eine wichtige Rolle ein. Vor diesem Hintergrund ist diese Entwicklung bedauerlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und sowieso von der Union, ich habe das Lieferkettengesetz gestern bewusst bei der Beratung des Etats des Ministers für Wirtschaft angesprochen. Das hätte ich auch von den Sozialdemokraten erwartet, nämlich dass Sie bei der Beratung des Wirtschaftsetats und mit Ihrem Vizekanzler durchsetzen, dass ein Lieferkettengesetz beschlossen wird, und zwar ein wirksames Lieferkettengesetz. Da sind Sie als Koalitionspartner in der Pflicht, da ist die Kanzlerin in der Pflicht, und da dürfen Sie den Herrn Müller nicht alleinlassen. 

Rede zum Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Video