Rede

"Gute Entwicklungszusammenarbeit muss nachhaltig sein, ..."

Ich kann gut an meinen Vorredner anschließen, da ich das Thema der nachhaltigen Finanzierung ansprechen will. Gute Entwicklungszusammenarbeit muss nachhaltig sein, und das heißt aber auch: Sie muss nachhaltig finanziert sein. Deswegen brechen wir uns keinen Zacken aus der Krone, wenn wir sagen: 12,4 Milliarden Euro im Haushaltsplanentwurf 2021 ist schon eine beachtliche Summe.

Zwar weiß man, dass der Haushalt 2020 zusammen mit dem Nachtragshaushalt genauso hoch war, aber der Haushalt 2019 lag immerhin nur bei 10,1 Milliarden Euro. Aber ein Minister sitzt - im Unterschied zu uns im Bundestag - in einem Kabinett, und der Finanzplan wird ja auch im Kabinett beraten. Wenn dann im Finanzplan - deswegen sage ich das so deutlich - ein Absturz um 25 Prozent in den Jahren 2022, 2023 und 2024 vorgesehen ist, dann ist das keine verantwortungsvolle Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit, die Sie uns hier vorlegen, und das vor dem Hintergrund der Pandemie. 

Seit 1998 gibt es leider wieder einen Anstieg der absoluten Armut. Die bisherigen Erfolge der Entwicklungszusammenarbeit - Herr Minister, Sie wissen das - können durch diese Pandemie leider mit einem Fingerschnippen - sage ich mal - zeitlich zunichte gemacht werden. Deswegen kann uns dieser Haushaltsplanentwurf in keiner Weise zufriedenstellen, Frau Steffen.

Zweiter Punkt. Was ist mit den multilateralen Programmen? Das ist gerade schon von meinem Kollegen Link sehr zu Recht angeführt worden. Wir sehen: Mensch, wir haben so viel Geld für das Jahr 2021. - Und dann sehen wir: Da wachsen die sogenannten bilateralen Vorhaben an. - Gleichzeitig muss man leider zur Kenntnis nehmen, dass viele Programme - multilaterale Programme, Programme der Vereinten Nationen - auf das Vorcoronaniveau zurückgestrichen sind. Das passt doch nicht zusammen mit der Aussage des Ministers Müller im „Handelsblatt“ am 22. September 2020, die da lautet:
An den Folgen der Lockdowns werden weit mehr Menschen sterben als am Virus. Allein auf dem afrikanischen Kontinent rechnen wir dieses Jahr mit zusätzlich 400 000 Malaria-Toten und HIV-Opfern sowie eine halben Million mehr, die an Tuberkulose sterben werden. Dann darf man genau diese Programme, die gegen diese Entwicklungen ankämpfen, nicht auf Vorcoronaniveau kürzen; das passt überhaupt nicht zusammen.

Deswegen möchte ich Sie auch bitten, Herr Müller und auch die die Regierung tragenden Fraktionen: Zu der BMZ-Strategie 2030, also der Strategie des Ministeriums, nach der die Entwicklungszusammenarbeit mit einigen Ländern beendet werden soll, um sich auf bestimmte Länder stärker zu fokussieren, würde ich sagen: Im Grundsatz kann man so eine Idee verfolgen; wir werden das sehr kritisch beleuchten. Aber wenn man sagt: „Die Länder, aus denen wir uns zurückziehen, die sollen dann wiederum durch multilaterale Zusammenarbeit gut bedient werden“, dann passt dazu auch wieder nicht die Schwächung der multilateralen Programme. Es ist also mehr als widersprüchlich.

Mein letzter Punkt muss auch, leider, wieder sehr kritisch ausfallen. Da schaue ich jetzt noch mal auf den Haushalt 2021, der in der Höhe durchaus beachtlich ist. Aber wie steht es mit der Qualität, der qualitativen Ausrichtung unserer Entwicklungszusammenarbeit? Da steht Deutschland, gewertet durch viele NGOs, leider mit einem „mangelhaft“ da. Da habe ich mich sehr gewundert. Liebe Sonja Steffen, wir arbeiten seit Jahren gut und gerne zusammen. Ich finde, dass der Anteil der ODA-relevanten Mittel, die aus Deutschland in die am wenigsten entwickelten Länder fließen, immer noch weit zu gering ist. Wir müssen es jetzt noch mal mit dem Aufwuchs analysieren; aber es waren bislang unter 20 Prozent, und das ist weit zu gering und gegen die internationale Zusage, gerade die ärmsten Länder stärker zu unterstützen.

Aber noch gravierender wird das Problem, wenn wir auf den qualitativen Anteil schauen: Wie viel der ODA-Mittel, die wir zur Verfügung stellen, dienen eigentlich der Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter, also Frauen und Mädchen, die in der Pandemie ganz besonders leiden? Der Anteil liegt bei sage und schreibe einem einstelligen Prozentsatz unserer ODA-Mittel. Auch das ist qualitativ sehr zu bemängeln. Deswegen, Herr Minister: Wir haben in diesem Etat noch ungeheuer viel zu arbeiten, bis wir zufrieden sein können. Wir werden Sie und die Kanzlerin daran messen, ob Sie mit zusätzlichen Millionen nicht nur im nächsten Jahr, sondern bis in die Mitte des nächsten Jahrzehnts sicherstellen, dass ein Impfstoff gegen Covid-19 für alle Menschen auf diesem Globus zugänglich wird. Auch das wird zu klären sein am Ende dieses Jahres. Danke schön.

"...das heißt aber auch: Sie muss nachhaltig finanziert sein."